Dieser Artikel ist aus einem Posting aus dem Musik-Hifi-Stammtisch-Forum (nicht mehr online) entstanden.
Da die Ursprungslinks des Artikels von Jon Risch nicht mehr funktionieren, habe ich die Artikel von Jon Risch in einem PDF zusammengefaßt.
Bei der Diskussion ging es um den Unterschíed vom Single-Wiring zu Bi-Wiring-Betrieb beim Lautsprecher und der eventuelle meßtechnische Nachweis.
Ich möchte hier noch ein paar eigene Statements zu den Messungen von Jon Risch anhängen.
So wie es jetzt aussieht, kann ich die Messungen von Jon zwar nachvollziehen, bekomme sogar ähnliche Ergebnisse, kann aber nicht daraus schließen, daß diese Methode geeignet ist, den (für mich außer Zweifel stehenden) klanglichen Effekt beim Biwiring-Betrieb messtechnisch nachzuweisen.
Ich denke, man wird sich da etwas anderes einfallen lassen müssen.
Allerdings hatte ich bei meinen Messungen keinen hochwertigen Stromkoppler zur Hand, sondern mußte eine andere Messmethode wählen. Genau dieser Umstand scheint mir aber im nachhinein der Knackpunkt bei Jons Messmethode zu sein.
Wenn man die Lautsprecherbox als "Blackbox" sieht (sehen will), kann man entweder an der Kabelseite direkt an den Anschlüssen die Spannung analysieren oder mittels Stromkoppler (wenn man zusätzlich zur direkten Strommessung erforderliche einzuschleifende "shunts" vermeiden will) den Strom analysieren oder aber eine akustische Messung per Messmikrofon veranstalten.
Jon hat für seine Messungen nur einen Stromkoppler benutzt und konnte daher (von "außen") nur die drei Leitungen, nämlich Singlewire, Biwire-Tiefton und -Hochton analysieren. Die damit gemachten Messergebnisse sind nachvollziehbar und korrekt, reichen aber nicht aus, sondern man bleibt damit kurz vor dem Ziel stehen.
Der entscheidende Punkt ist nämlich, wie sich der Biwiring-Betrieb auf das am Hochtöner ankommende Signalgemisch im Vergleich zum Singlewire-Betrieb am Hochtöner auswirkt. Dieser Punkt bleibt aber bei Jon Rischs Messungen unklar.
Die von mir durchgeführten Messungen (mit einer um den Faktor 4 verbesserten Auflösung gegenüber den Messungen von Jon Risch) fanden jeweils direkt an den Klemmen der Chassis statt.
Da eine Auswertung keine gravierenden Unterschiede (jedenfalls keine, die m.E. beweiskräftig genug gewesen wären) zwischen beiden Betriebsarten erbrachte, habe ich noch akustische Messungen im Nahfeld des Hochtöners durchgeführt, ebenfalls ohne Erfolg.
Diese Ergebnisse bedeuten jetzt nicht, daß es keine Unterschiede zwischen Singlewire- und Biwire-Betrieb gibt, sondern daß dies mit der vorgelegten Methode m. E. nicht eindeutig nachweisbar ist - nicht mehr und nicht weniger.
Ich vermute, daß der Unterschied Biwiring-Singlewiring mit zu den kabelspezifischen Phänomenen gehört (also ähnliche Ursachen wie der "Kabelklang" an sich hat) und sich daher den klassischen auf der Vierpoltheorie aufbauenden Untersuchungsmethoden entzieht, da er m.E. durch die Vierpoltheorie theoretisch nicht abgedeckt ist.
Die vorliegenden Messungen von Jon Risch und mir sind typische Vierpoluntersuchungen.
Zum Messaufbau:
Ich hatte keine fertigen Lautsprecherboxen zum Test benutzt, sondern auf dem Labortisch einen impedanzkompensierten Tieftöner sowie einen Kalottenhochtöner (beide von ETON bzw. LPG) mittels einem einfachen Filter 2. Ordnung zweigweise verdrahtet, so daß ich problemlos mittels Krokoklemmen zwischen Single-Wiring und Biwiring umverdrahten konnte. Angesteuert wurde die ganze Sache von einer Monoendstufe, die wiederum ihr Signal über einen DA-Wandler vom Rechner bekam - also alles quick & dirty.
Als Kabel wurde ein 2m TMR Ramses BIWIRING verwendet, das wahlweise als Single- oder Biwiring-Version betrieben wurde.
Alle Messungen wurden an drei verschiedenen Tagen komplett (inkl. kompletter Auf- und Abbau des gesamten Setups) wiederholt, um eine gewisse Sicherheit zu gewährleisten. Es gab aber keine prinzipiellen Ausreißer.
Als Anfangsbedingungen wurde Konstantspannungsbetrieb (also Normalbetrieb beim Musikhören), Quasi-Konstanstrombetrieb (durch Einschleifen eines 100-Ohm-Widerstandes in den Verstärkerausgang) und eine akustische Nahfeldmessung bei Konstantspannungsbetrieb gewählt. Bei allen drei Messbedingungen gab es grundsätzlich vom Ergebnis her (Vergleich Hochtonanteil bei Biwiring- und Singlewiringbetrieb) her keinen Unterschiede.
Die zur Darstellung kommenden Grafiken beziehen sich auf den Konstantspannungsbetrieb.
Als Messignal habe ich ein Multitone-Signal nach Jons Angaben gebastelt.
Phi Low-High Split Band Spectral: 100, 116.18, 134.98, 156.80, 182.19 und 4697.9, 5927.8, 7479.7, 9437.9, 11909 Hz.
Dieses Signal ist in Bild 1 abgebildet.
Die Spannung am Verstärkerausgang betrug bei allen Messungen ca. 6Veff, entsprechend einer Leistung von ca. 4 Watt.
Bild 2 stellt das Ergebnis im Single-Wiring-Betrieb am Frequenzweicheneingang und an den Klemmen des Hochtöners gemessen dar.
Bild 3 stellt das Ergebnis im Single-Wiring-Betrieb am Frequenzweicheneingang und im Biwiring-Betrieb an den Klemmen des Hochtöners gemessen dar - praktisch kein Unterschied zu Bild 2.
Daher in Bild 4 noch einmal die Signale am Hochtöner jeweils im Singlewiring- und Biwiring-Betrieb gemessen - kein Unterschied.
Bild 5 zeigt einen HiRes-Ausschnitt aus Bild 4 - kein Unterschied.
Um diesen Thema hier rund zu machen, möchte ich noch ein paar Biiwing-Tweaks von Jon Risch zitieren. Allerdings habe ich sie noch nicht selbst ausprobiert, aber es dürfte bei korrekter Anwendung eigentlich nichts kaputtgehen.
Es gibt ja öfters Berichte, daß Biwiring-Betrieb gegenüber Single-Wiring-Betrieb nicht nur Vorteile zeigt, sondern manchmal eher dazu neigt, das Klangbild zu "zerreissen" und "inhomogen" klingen zulassen.
Das hat seine Ursachen vermutlich in der jeweiligen Frequenzweichenkonstruktion und in den verwendeten Kabeln selbst.
Im Netz gibt es dazu auch eine kleine Betrachtung
http://www.sonicdesign.se/biwire.html mit einer möglichen Erklärung, auf die ich jetzt aber nicht weiter eingehen möchte.
Wichtig für mich ist aber, daß hier ein Punkt ist, wo man dran drehen kann, wo etwas gehörmäßig passiert (egal jetzt, ob besser oder schlechter), wenn man an dieser Stelle etwas verändert.
Natürlich gibt es andere Stellen in der Anlagenkonfiguration, wo bei kleinen Veränderungen viel mehr passiert, keine Frage.
Ich vermute einmal, daß bei einigen Konstruktionen das Biwiring-Terminal nur eine Art modisches Accessoire darstellt, ohne daß bei der Frequenzweichenkonstruktion auf die Erfordernisse des Biwiring-Betriebes auf irgendeine Weise Rücksicht genommen wurde.
Für eben diese Fälle bietet Jon Risch einige Lösungen an:
Zitat:
"There are TWO possible adjustments that can allow one to 'tune' the sound of a bi-wire set-up to be more in line with single wiring sonics. Theoretically, one can dial in ANY character from full single wiring, to full-biwiring.
Incredibly ridiculous bi-wiring tweak #1:
If you are getting sound from your bi-wire set-up that is less than satisfying, or seems less than totally cohesive, try shorting JUST the grounds together on the speaker terminals. Even though the speaker MAY already have internal ground connections, this can make a difference. In cases where two different cables were used, this often brought the sound together to be more cohesive and singular sounding WITHOUT losing the positive aspects of bi-wiring.
BTW, this does NOT eliminate the separation of current flow in the cables, but DOES provide a local ground connection for some speakers that have completely separated crossover sections. Bi-wiring is still occuring in full, but the ground reference has been equalized locally at the speaker.
Utterly ridiculous bi-wire tweak #2:
IF #1 still does not do it for you, or you just want to try this and see what happens, place an 8 -10 ohm resistor between the LF hot and the HF hot at the speaker terminals. This should only be done in conjunction with tweak #1, or sonic degradation is more likely than any improvements.
To create a nearly continously variable continuum from full single wiring to full bi-wiring, one could take a 50 ohm rheostat (they usually have an open spot where the unit is open circuit) and connect it at this location."
Wie gesagt, ich habs noch nicht ausprobiert (es gibt auch eigentlich bei meiner Anlage keinen Grund dafür), aber es hört sich vielversprechend an.
Ich denke, wenn man "Kabelklang" messen könnte, würde sich das Thema "Messen der Vorteile des Biwiring-Betriebs" gleich mit erledigen.
Mir gings eigentlich nur darum zu zeigen, daß man bei NF-Leitungen nicht mit üblichen einfachen Vierpolbetrachtungen - und messungen weiterkommt - weder theoretisch, noch praktisch.