Eine zunächst berechtigte Frage.
Kabel gehören zu den scheinbar einfachsten und unkompliziertesten Komponenten einer Musikwiedergabeanlage. Man braucht sie halt und auch das einfachste Kabel wird unbestritten seinen, wenn auch manchmal (aus heutiger Sicht) mehr schlechten als rechten Dienst tun.
Und viel Raum für eine mögliche Signalbeeinflussung bietet ein Kabel auch nicht, wenn man die sicheren Pfade der Schulphysik nicht verlassen will.
Auf der anderen Seite gibt es seit Jahr und Tag ein unglaublich unüberschaubares Angebot von Verbindungen für den Audiobereich, das anscheinend in der Lage ist, einem ganzen Industriezweig weltweit Arbeit und Brot zu verschaffen, tausende von engagierten Musikliebhabern auf der ganzen Welt, die vom unterschiedlichen Kabelklang berichten und neuerdings nicht zuletzt die etablierte Fachliteratur, in die das Thema langsam, aber immer häufiger Einzug nimmt.
Irgendwas muß also dran sein.
TMR und das Kabelproblem
Daß Kabel einen nicht unwesentlichen Einfluß auf den Klang haben können, war uns schon seit ca. 1980 bewußt. Je qualitativ besser und ausgewogener die Musikwiedergabeanlage konzipiert war, desto mehr nahm der Einfluss auf den Klang bei Verwendung unterschiedlichster Kabel zu. Man sollte allerdings hinzufügen, daß die Detektion von Kabelklang eine Folge einer gewissen Hörbildung und Erfahrung ist. Man muß gelernt haben, genau hinzuhören und gleichzeitig aber "ganzheitlich" zu hören.
Als visuelle Analogie fällt mir da die Betrachtung von Stereogrammen ein. Man muß lernen, wie es geht.
Spätestens, wenn man während einer Ausstellung in einem unbekannten Raum eine bekannte Kette zwecks Vorführung aufbauen muß und vorab nur wenig Zeit und Gelegenheit zur Justage und Optimierung der Aufstellung sowie der Raumakustik hat, ist man für jede weitere unkomplizierte Möglichkeit der Justagemöglichkeit dankbar. Das können z.B. auch Kabel sein.
So hatten wir bei Vorführungen immer einen Koffer mit unterschiedlichsten Kabeln dabei, mit denen wir z.B. den Hochtonbereich entweder entschärfen oder forcieren konnten, natürlich immer nur innerhalb einer sehr schmalen Bandbreite. Gerade mit dem Aufkommen der ersten CD-Player hatten wir ein gravierendes Problem mit der CD-Wiedergabe des Hochtonbereichs, da sowohl die TMR-Lautsprecher als auch die R&B Primus mit isodynamischen bzw. Ionen-Hochtöner über einen gnadenlos auflösenden Hochtonbereich verfügten.
Isoda
Als wirksame "lindernde" Maßnahme ohne wesentlichen Verlust der "Auflösung" hatte sich dann die Verwendung von den gerade neu (1983) entwickelten ISODA-Kabeln herausgestellt.
ISODA-Kabel bestanden aus einem Massivdrahtmix aus Kupfer, Messing und Aluminium und waren dementsprechend schwer zu verarbeiten. Nicht nur Speziallot war nötig, sondern dieser Materialmix war so spröde, daß beim Druckluft-Crimpen äußerste Vorsicht walten mußte, um die Drähte nicht abbrechen zu lassen.
Trotzdem hatten wir uns dann 1984 entschlossen, nicht nur auf Messen dauerhaft mit ISODA-Kabeln vorzuführen, sondern sogar die gesamte Innenverkabelung unserer Lautsprecherboxen mit ISODA-Kabel auszuführen. Erst nach ca. zehn Jahren, als die ersten Lautsprecher mit mysteriösen Aussetzern, die sich dann als Kabelbrüche herausstellten, zur Reparatur anfielen, haben wir uns dann schweren Herzens entschlossen, von der Innenverkabelung mit ISODA-Kabel Abstand zu nehmen. Bei der Untersuchung der Kabelbrüche stellte sich dann heraus, daß vermutlich in diesen Fällen der Druck der Crimpmaschine etwas zu hoch eingestellt war und statt einer Kaltverschweißung zusätzlich noch eine Halbabscherung stattgefunden hatte. Wir haben dann bei jedem Servicefall (viele waren es zum Glück nicht) gleich immer die komplette Verkabelung gegen sehr hochwertige Kupferleitung ausgetauscht. Ich habe übrigens nie herausbekommen, welche theoretischen Überlegungen hinter dem ISODA-Prinzip standen. Letzendlich war das aber egal, da das Kabel wie gewünscht funktionierte, und das vom Klang her sogar überdurchschnittlich gut.
Als wir 2008 nämlich anläßlich unseres Umzuges die ISODA-Restbestände zum Verkauf anboten, merkten wir, wie groß immer noch die Anhängerschaft des ISODA-Kabel unter den Musikliebhabern war. Die Reste wurden uns aus der Hand gerissen.
Herr Isoda und der Autor 1990
Aufsteller auf der HE 1990
ISODA Hybrid-Kabel HA-12
Ramses
Unser Berliner Händler, mit dem wir seit fast zwanzig Jahren kontinuierlich zusammengearbeitet hatten und bei dem immer einer Möglichkeit zum Test von z.B. Prototypen unter externen Bedingungen gegeben war, zog sich 1998 aus dem Hifi-Geschäft zurück und hinterließ u.a. für uns eine entwicklungstechnisch relevante Lücke. So entstand die Idee eines Berliner Studios, verkehrsgünstig in der Innenstadt gelegen und akustisch als Referenz geeignet. Die Raumakustik des Studios war nach einer längeren Testphase fast perfekt und die Geräte stammten bis auf den CD-Player aus eigener Produktion. Nur die Kabel fehlten. Da wir die Relevanz von guten Kabeln schon aus eigener Erfahrung kannten, ließen wir uns von befreundeten Vertrieben und Händlern mit den ihrer Meinung nach besten Kabeln bemustern. Die aufgetretenen deutlichen und nicht zu ignorierenden Unterschiede selbst in den höchsten Preisklassen ließen den Wunsch nach einer klanglich stabilen und wirklich neutralen Verkabelung der Anlage aufkommen.
Der Zeitpunkt für eigene Experimente war gekommen. Zunächst wurden alle greifbaren Informationen zu diesem Thema gesammelt und ausgewertet. Es zeigte sich, daß seitens der Kabelanbieter weder ein allgemeiner Konsens noch eine entsprechende Vorgehensweise bei der Bewertung der Kabel-"Effekte" zu verzeichnen war. Verschiedene Argumentationslinien, die oberflächlich plausibel waren, verfolgten wir u. durch Modifikation von speziell ausgewählter Industrieware oder durch komplette Handverseilung, Verflechtung, Aufbringen von verschiedenartigen Schirmungen usw..
Es zeigte sich, daß diese Maßnahmen immer nur klangliche Einzelaspekte berührten, aber nie, ebenso wie die von uns getesteten Highend-Hochpreiskabel, zu einem ganzheitlich zufriedenstellendem Ergebnis führten. Meistens waren dabei sogar unangenehme Randeffekte in Kauf zu nehmen. Diese Art Kabel ist dann auch mehr zur leichten Kompensation irgendwelcher Anlageneigenschaften geeignet - sozusagen die Feinabstimmung. Aber für uns wurde es jetzt Zeit, sich noch einmal hinter die Bücher zu klemmen, um das Thema Audio-Kabel noch einmal von Grund auf zu beleuchten.
Bei meinen Recherchen stieß ich auf die Arbeit von Malcolm Hawksford, der mir zum ersten Mal ein Denkmodell anbot, mit dem ich mir selbst viele der beobachteten Effekte plausibel machen konnte, selbst wenn die theoretisch-experimentelle oder gar meßtechnische Nachweisbarkeit zunächst einmal noch nicht gegeben ist.
Die Hawkfordsche Theorie war in sich physikalisch schlüssig, wobei man die Größenordnung der beschriebenen physikalischen Effekte eigentlich noch genauer in Korrelation zu den beobachteten gehörmäßigen Effekten abgleichen müßte.
Als ich das erste Kabelmuster nach den Hawkfordschen Prämissen aufgebaut hatte, war mir allerdings sofort nach dem ersten Anhören klar, daß ich hier etwas ganz Besonderes in der Hand hatte.
Es war noch nicht perfekt, aber es zeigte in die richtige Richtung, eine Richtung, die ich bislang bei allen anderen Kabeln, egal welcher Preisklasse, vermißt hatte: eine Homogenität und Geschlossenheit des Klangbildes, ohne aufgesetzte Effekte, bei gleichzeitiger superber Räumlichkeit und Durchzeichnung.
Wir hatten sozusagen den Fuß endlich in der richtigen Tür - eine grandiose Bestätigung der Hawkfordschen Theorien. Diese betrafen in der Hauptsache die Leiterkonfiguration, nämlich parallel übereinander liegende Folienleiter, möglichst dünn und daher wegen des Gesamtquerschnitts möglichst breit für Lautsprecherleitungen.
Nachdem nun endlich die Initialzündung stattgefunden hatte, war der Rest nur noch Routine und Fleißarbeit: die Verschaltung der Folien, das Folienmaterial, das Dielektrikum, die mechanische Ausführung und die Reproduzierbarkeit in der Serie. Das Ganze hat dann noch etwa ein Jahr gedauert, bis wir die ersten endgültigen Muster an befreundete Händler und Kunden zum Test verteilen konnten. Dieses Jahr bestand allerdings aus dem Aufbau vieler Prototypen und unzähligen Hörtests, zum Teil sogar als Blindtests angelegt und war die anstrengendste Zeit, die ich jemals bei der Entwicklung eines Produkts hinter mich bringen mußte. Viele Entscheidungen mußte ich nach längerem Hören wieder verwerfen und wieder zur Ausgangsposition zurückkehren - das klassische "try and error".
2001 konnte wir endlich das erste Mal unser TMR Ramses öffentlich ankündigen und interessierten Musikliebhabern zum Test zur Verfügung stellen. Es war aus der Nachsicht schon erstaunlich, wie schnell sich das TMR Ramses, das Produkt einer kleinen, trotz allem recht unbekannten Firma, ohne jeglichen Werbeaufwand (wir sind bis heute in Deutschland ohne jede Werbung im klassischen Sinn ausgekommen) verbreiten konnte.
Ein Grund mit war sicher unsere faire Handlungsweise gegenüber Endverbraucher und Handel. Jeder Interessent konnte immer schon und kann heute noch die TMR Ramses-Kabel völlig kostenlos und unverbindlich mindestens vierzehn Tage lang zu Hause testen und danach wieder zurückschicken (oder, wenn er will, auch behalten, dann folgt allerdings eine Rechnung) - ohne Anzahlung oder Kaufpreishinterlegung. Mehr kann man als Hersteller nicht anbieten.
Mittlerweile ist das TMR Ramses ein "Selbstläufer" und ein sehr wichtiger Faktor in unserem Portefeuille und dank der tatkräftigen Unterstützung von Kurt Hecker auch international auf dem Weg zum Erfolg geworden.
Aktuelle Fachliteratur:
1. Martin Colloms, High Performance Loudspeakers, Sixth Edition, John Wiley & Sons, Ltd, 2005, ISBN-10: 0-470094-30-3, 532 Seiten, Englisch.
2. Philip Newell, Keith Holland, Loudspeakers for Music and Reproduction, Focal Press, First Edition 2007, ISBN-10: 0-2405-2014-9, 400 Seiten, Englisch.